Wichtigkeit der klinischen Information in der radiologischen Diagnose einer axSpA

Diagnostic Accuracy in Axial Spondyloarthritis: A Systematic Evaluation of the Role of Clinical Information in the Interpretation of Sacroiliac Joint Imaging.

Pohlner T. et al. RMD Open 2024: online ahead of print

Diese Studie untersuchte den Einfluss klinischer Informationen gemäss ASAS-Empfehlung (CI) auf die Genauigkeit der Bildinterpretation. In einer retrospektiven Studie wurden 109 Patienten, die wegen eines Verdachts auf axSpA zugewiesen wurden, mit vollständiger Bildgebung (Röntgenbilder (CR) und MRT des Iliosakralgelenks) abgeklärt. Insgesamt wurde bei 61 Patienten die Diagnose axSpA diagnostiziert (56%). Die Bilder wurden unabhängig voneinander von drei Radiologen in vier aufeinanderfolgenden Lesekampagnen ausgewertet: CR und CR+MRT jeweils mit und ohne CI (einschließlich demografischer Daten, SpA-Merkmale, körperlicher Aktivität und Schwangerschaft). Die Röntgenbilder wurden nach den modifizierten New Yorker Kriterien und die MRTs auf entzündliche und strukturelle Veränderungen, die mit axSpA vereinbar sind (ja/nein), beurteilt. Die klinische finale Diagnose wurde als Referenzstandard herangezogen. Für CR lag die Sensitivität und Spezifität bei 51 % und 94 % ohne und 60 % und 99 % mit CI. Bei CR + MRT zeigte sich eine Sensitivität und Spezifität von 74 % und 90 % bzw. 71 % und 98 %.

Kommentar
Die Studie demonstriert am Beispiel der axSpA, welchen Einfluss die Klinik (CI) zur Diagnosestellung auf die Vor-Test Wahrscheinlichkeit resp. Post-Test Wahrscheinlichkeit (nach CR und MRT) hat. Ohne klinische Information zeigte sich eine «Likelyhood – Ratio» (LR+) von 7.4, mit CI dagegen von 35. Dies ist ein entscheidender Unterschied, ob die Diagnose gestellt werden kann oder nicht.

Die Studie weist einige Einschränkungen auf. Zunächst einmal ist die Studie retrospektiv angelegt; zusätzlich kann die Einbeziehung von Patienten mit nur vollständigem Bildmaterial zu einem «selection bias» führen.

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Dr. Christian Marx
Zürich

Avacopan bei ANCA-Vaskulitis: Erfahrungen aus dem Alltag

Real-World experience with avacopan in ANCA-associated vasculitis

Zonozi R. et al. Kidney International Reports 2024: online ahead of print

Multizenter retrospektive Analyse von 92 Patienten mit neu diagnostizierter oder rezidivierter ANCA-assoziierter Vaskulitis, welche eine Therapie mit Avacopan erhielten.

23% der Patienten wiesen eine GFR < 15 mL/min/1.73 m2 zu Beginn der Studie auf, 10 Patienten wurden sogar mit Nierenersatztherapie behandelt. Die durchschnittliche GFR betrug zu Beginn 33 mL/min/1.73 m2 mit einer Verbesserung von 12 mL nach 26 Wochen sowie 20 mL nach 52 Wochen. Nebst Avacopan wurden die Patienten mit anderen Substanzen behandelt; 47% erhielten eine Kombinationstherapie mit Rituximab und tiefdosiertem Cyclophosphamid, 14% hatten einen Plasmaaustausch. Nach der Induktionsphase wurde Avacopan im Schnitt nach 3,6 Wochen zugefügt; Prednison wurde 5,6 Wochen nach Start des Avacopans abgesetzt. Eine klinische Remission wurde in 90% nach 26 Wochen, in 84% nach 52 Wochen erreicht. 20% der Patienten setzten Avacopan ab wegen Nebenwirkungen, meist erhöhten Transaminasen.

Fazit
In dieser retrospektiven «Real-World» – Studie fand sich eine hohe Rate an Remissionen und ein akzeptables Sicherheitsprofil unter Behandlung mit Avacopan. Dies ist insbesondere interessant, da eine erhebliche Zahl von Patienten mit schwerstem Nierenbefall behandelt wurde (sehr tiefe GFR, Patienten unter Dialyse sowie Patienten mit Plasmaaustausch). Ein früherer Beginn der Kombinationstherapie mit Avacopan dürfte die Prognose noch weiter verbessern.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

Ist ein Ausschleichen von Mycophenolat Mofetil (MMF) bei SLE Patienten mit guter Krankheitskontrolle möglich?

Mycophenolate mofetil withdrawal in patients with systemic lupus erythematosus: a multicentre, open-label, randomised controlled trial

Chakravarty E. et al. Lancet Rheumatol 2024;6(3):e168ff

In dieser offenen, randomisierten Multicenter Studie wurde untersucht, ob bei Patienten mit einem SLE und Medikation mit u.a. Mycophenolat Mofetil (MMF) bei guter Krankheitskontrolle MMF ausgeschlichen werden kann ohne ein Rezidiv des SLE zu riskieren.

Während es zur Therapie des SLE je nach klinischer Manifestation gute Guidelines (ACR und EULAR) gibt, existieren keine vernünftigen Empfehlungen, wie bei Erreichen einer Remission der Krankheit die medikamentösen Therapien reduziert, resp. ausgeschlichen werden können.

In dieser Studie wurden Patienten mit SLE und einem SLEDAI Score <4, welche eine stabile Dosis von MMF während ≥2 Jahren bei Patienten mit Nierenbefall, und ≥1 Jahr bei extrarenaler Manifestation, in die Studie eingeschlossen und in 2 Gruppen 1:1 randomisiert. Bei der einen Gruppe (51 Patienten) wurde MMF über 12 Wochen ausgeschlichen und bei der anderen Gruppe (49 Patienten) wurde MMF weitergegeben. Der primäre Studienendpunkt war eine Reaktivierung des SLE mit Notwendigkeit einer immunsuppressiven Therapiemodifikation nach 60 Wochen. In einer Intention-To-Treat Analyse wurde die Non-Inferiority geprüft. Nach 60 Wochen hatten 9 (18%) in der Gruppe, bei denen MMF ausgeschlichen wurde, und 5 (10%) in der Gruppe, welche weiterhin MMF bekommen haben, eine Reaktivierung des SLE. Ein Ausschleichen von MMF war statistisch nicht signifikant unterlegen verglichen mit den Patienten, bei denen MMF weitergegeben wurde.

Kommentar
Diese prospektive, randomisierte Studie zeigt, dass bei Patienten mit SLE bei guter Krankheitskontrolle unter Therapie mit MMF durchaus versucht werden kann, dieses Medikament auszuschleichen. Nach 60 Wochen zeigten sich statistisch nicht mehr Relapses verglichen mit Patienten, bei denen MMF weitergegeben wurde. Allerdings ist der Beobachtungszeitraum von 60 Wochen kurz und es bleibt daher offen, ob im längeren Verlauf nicht doch vermehrt Relapses nach Stopp der MMF Therapie auftreten würden. Ich persönlich versuche bei Patienten mit SLE, wenn die Erkrankung mindestens 1 Jahr in Remission ist, die Immunsuppression zu reduzieren, sowohl von MMF wie auch anderen Medikamenten. Was ich jedoch bei Patienten mit SLE lebenslang weitergebe, ist Hydroxychloroquin.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Physiotherapie ist bei RA nach wie vor unverzichtbar

Effectiveness of longstanding exercise therapy compared with usual care for people with rheumatoid arthritis and severe functional limitations: a randomised controlled trial

Teuwen M.M.H. et al. Ann Rheum Dis 2024;83:437

217 Personen (90% weiblich, Alter 58 Jahre, 202 ausgewertet) mit rheumatoider Arthritis (RA) wurden randomisiert: n=104 langdauernde (>52 Wochen) überwachte Bewegungstherapie (individuelle Zielsetzung, aktive Übungen, Aufklärung und Selbstmanagement in Bezug auf körperliche Aktivität) und n=98 Kontrollen mit üblicher Versorgung. Nach 52 Wochen war die Verbesserung des patientenspezifischen Beschwerdeaktivitäts-Rangs 1 (PSC1, 0-10) in der Interventionsgruppe signifikant grösser (mittlere Differenz -1.7). Mit Ausnahme des SF-36 MCS (Mental Component Scale) zeigten alle sekundären Endpunkte signifikant grössere Verbesserungen zugunsten der Intervention (PSC2 -1.8; PSC3 -1.7; PROMIS PF-10 +3.09; HAQ-DI -0.17; RAQoL -2.03; SF-36 PCS +3.83 und 6MWT +56 m).

Dank der wirksamen medikamentösen Möglichkeiten bei RA (seit 25 Jahren) geraten früher gepflegte, erfolgreiche Therapiemodalitäten in Vergessenheit. Die Ergotherapie, welche vom Gelenkschutz bis zu den Quengeln vor 50 Jahren bei der RA einen hohen Stellenwert hatte, kommt heute bei der RA kaum mehr zum Zug und hat sich nun zu psychiatrischen Patienten hin verlagert. Auch Physiotherapie wird kaum mehr verordnet. Diese Studie zeigt, dass eine langfristige, angeleitete Bewegungstherapie bei RA mit schweren Funktionseinschränkungen auch heute eine wirkungsvolle Behandlung ist.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich